DER GROSSE REVOLUTIONÄR, DEN BEDÜRFNISSEN DES CHINESISCHEN STAATSBÜRGERTUMS ANGEPASST
Wie schafft man es, junge Leute mittels einer geschickt maßgeschneiderten Version von Marx für sich einzunehmen, dessen grundlegenden theoretisch-analytischen Konzepte so deformiert wurden, dass sie harmlos sind und der kapitalistischen Politik Chinas nicht gefährlich werden können? Mit dem Ziel, das Interesse der jungen chinesischen Bevölkerung für Marx und Politik zu wecken, um mit ihnen die das Land regierende Partei zu füttern und sie für die pseudo-kommunistische bürgerliche Leitung nutzen zu können?
Auch ein Zeichentrickfilm über das Leben des großen Revolutionärs (reduktiv lediglich als “Philosoph” deklariert) kann diesem Zweck dienen.
Schon vor zwei Jahren, nämlich 2017, hatte die chinesische Regierung versucht, den jungen Leuten das Thema Karl Marx mittels einer Fernsehshow - “Marx Got it Right” (Marx hat richtig gesehen) - schmackhaft zu machen und sie für die Politik zu gewinnen. Mit mäßigem Erfolg. Heute verspricht sich die chinesische Führung von diesem Zeichentrickfilm mehr, sie meint damit große Massen an Jugendlichen zu erreichen und zu mobilisieren.
In einer Versuchsphase hat der Zeichentrickfilm ein äußerst positives Ergebnis erzielt: er wurde einer ganzen Reihe von Jugendlichen vorgeführt, die enthusiastisch reagierten. Marx wird jung, brillant und glatt rasiert gezeigt, wie es den Heranwachsenden gefällt; mit gewinnendem Blick und total verliebt in seine Frau “Jenny”, mit der er alle Lebenssituationen teilt. Der Film – berichten die Kommentatoren – erstreckt sich über sieben Folgen, und handelt hauptsächlich vom Leben des jungen Marx anstatt von seinen Werken, Analysen und Theorien. Dies natürlich, um die jungen Fernsehzuschauer nicht zu überanstrengen. Man erwartet einen Riesenerfolg.
Vom politischen Standpunkt aus gesehen wird die Ausstrahlung des Zeichentrickfilms über Marx damit in Verbindung gebracht, dass der chinesische Präsident Xi Jinping ständig wiederholt, “der Marxismus ist das Model, das die chinesische Regierung führt”, und dass “die marxistische Analyse” der chinesischen Regierung “dazu dienen muss, die Gesellschaft korrekt zu interpretieren”. Der Zeichentrickfilm wird somit als völlig übereinstimmend mit dem momentan in China vorherrschenden politischen Klima gesehen.
Aber welches “marxistische Modell” nach Meinung des Präsidenten Xi Jinping in China existiert ist unklar, angesichts der Tatsache, dass es im Land Kapitalismus mit Großkapital, Banken, Profit, Bankzinsen, Spekulationen und vor allem intensiver Ausbeutung der Arbeiter gibt.
Schon seit Beginn der bürgerlichen Bauernrevolution, angeführt von Mao Tze-tung, und in Folge mit Deng Xiaoping und weiter mit allen anderen chinesischen Anführern bis hin zum heutigen Präsidenten Xi Jinping, will man der Welt und dem chinesischen Proletariat weiß machen, China sei “kommunistisch”. Die angebliche Existenz dieses “Kommunismus” liege darin begründet, dass “die Wirtschaft verstaatlicht ist” (lediglich in letzter Zeit ist auch ein Teil privatisiert worden), und dass man die “Verstaatlichung”
fälschlicherweise mit “Sozialismus” oder “Kommunismus” gleichsetzt, wie angeblich von Marx behauptet wurde. Das ist eine unheimliche Täuschung.
Eine riesige Lüge, weil die verstaatlichten Betriebe in der kapitalistischen Gesellschaft, in der Profitgesellschaft (eben auch in der chinesischen), wie die privaten Betriebe das Ziel verfolgen Geld zu verdienen: das ist Kapitalismus. Und die Tatsache, dass die chinesische Regierung Marx zitiert um sich als “sozialistisch” zu qualifizieren und behauptet, er meine mit Kommunismus “die Abschaffung des Privatbesitzes”, bedeutet noch lange nicht, dass Marx sie in einem Gesellschaftssystem sah, wo die verstaatlichten Betriebe die gleiche Rolle spielen wie die privaten, und die Arbeiter ausbeuten um Geld zu machen.
Wie wir schon in diversen in dieser Zeitung erschienenen Artikeln dokumentiert haben, sind Geschäfte machende Betriebe, die vom Staat geleitet werden, im Kapitalismus normal; es gibt in allen Staaten mehr oder weniger davon. Also ist es eine riesige Lüge die Verstaatlichungen als “Sozialismus” zu verkaufen. Im Kommunismus gibt es keinen Wettbewerb, kein Kapital, keinen Verkauf, keine Banken, Dividenden usw., wie es sie in China gibt. In der hoch entwickelten sozialistischen Gesellschaft werden die Güter stattdessen gerecht unter der Bevölkerung verteilt; ohne Profit, Dividenden, Konkurrenz, Verkauf usw.. Es ist offensichtlich, dass die Situation in China völlig anders aussieht. Dort herrscht nämlich ein ausgeprägter Kapitalismus, der dabei ist sich schnell in Imperialismus zu verwandeln, und die pseudokommunistisch-stalinistische bürgerliche Regierung verfolgt die Arbeiter, die in den Fabriken streiken, unerbittlich.
Und die mächtigen chinesischen Kommunikationsmedien verbreiten, im Sinne ihres Auftrages (genau wie im Rest der Welt) dem Bürgertum an der Macht zu dienen, total falsche Konzepte bezüglich des Kommunismus und Marx. Falsche Auffassungen, die dementsprechend angepasst der Unterdrückung der ausgebeuteten Massen dienen, und der Regierung den Weg frei halten soll, um den Kapitalismus weiterzuführen.
Auch der Zeichentrickfilm über Karl Marx soll genau diesen Zweck erreichen: Jugendliche für die Politik gewinnen, in die pseudo-kommunistische Partei zu integrieren, die die Nation regiert, und sie zu profitgeilen bürgerlichen Staatsmännern zu machen.
Genau in das Gegenteil von dem, was Marx als “Kommunisten” definierte.