Europäische Armee: Realität oder Schimäre? Vermutlich eine Schimäre. Der amerikanische Imperialismus, der den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat, will sie eindeutig nicht.
Dreißig Jahre nach der Gründung der EU 1993 in Maastricht ist die europäische Armee immer noch ein Wunschtraum. Von den europäischen Kanzleien beschworen, oder besser gesagt, herbeigesehnt, ist sie in ihrer praktischen Ausgestaltung jedoch nie wirklich ernst genommen worden.
Der Gipfel zwischen der Nato und der Europäischen Union im Januar in Brüssel hat dies noch einmal deutlich gemacht.
Dort haben die Amerikaner bekräftigt und dann mit den Europäern unterschrieben, dass die europäische Verteidigung Aufgabe der Nato ist. Angesichts des Inhalts des verabschiedeten Dokuments ist das Wort "europäische Armee" wahrscheinlich niemals gefallen.
Im Atlantischen Bündnis, dem auch die europäischen Staaten (Bourgeoisien) angehören, spielt der amerikanische Imperialismus eine Führungsrolle, die er unbedingt aufrechterhalten will, indem er mit allen Mitteln verhindert, dass sich die europäischen Bourgeoisien zusammenschließen und die Führung Washingtons in Frage stellen. Er verhindert somit sowohl die Bildung einer politisch vollständig geeinten Europäischen Union, als auch die Bildung einer geeinten europäischen Armee.
Auf dem gemeinsamen NATO-EU-Gipfel wurde die auch mit Nachdruck bekräftigt: „Präsident Putin wollte uns spalten, aber er ist gescheitert. Das Regime in Moskau wollte ein anderes Europa [die Loslösung Europas von den USA - Anm. d. Red.], und das hätte Folgen für unsere Sicherheit. Deshalb müssen wir unser transatlantisches Bündnis und die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO fortsetzen und unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken" sagte Stoltenberg - NATO (ANSA - 10. Januar).
Und auf Seiten der EU bestätigt und unterstreicht Michel, Präsident des Europäischen Rates: "Die EU und die NATO haben ihre Ambitionen im Bereich der globalen Sicherheit aktualisiert. Mit der heutigen Erklärung wollen wir unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Weltraum, strategische Infrastruktur, Desinformation und Einmischung sowie Klimawandel intensivieren" ... "Wir leben in einer Zeit zunehmenden strategischen
Wettbewerbs. Chinas wachsende Durchsetzungsfähigkeit und seine Politik stellen Herausforderungen dar, denen wir uns stellen müssen, betonen UE und NATO" (ebd.).
Im Abschlussdokument heißt es weiter: "Wie sowohl im Strategischen Konzept der NATO als auch im Strategischen Kompass der EU hervorgehoben wird, ist dies ein Zeitpunkt, der mehr denn je die Bedeutung der übergreifenden Verbindung verdeutlicht und eine engere Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO erfordert. Die NATO bleibt das Fundament der kollektiven Verteidigung ihrer Verbündeten und ist für die euro-atlantische Sicherheit unerlässlich. Wir erkennen den Wert einer stärkeren und fähigeren europäischen Verteidigung an, die einen positiven Beitrag zur globalen und transatlantischen Sicherheit leistet und die NATO ergänzt und mit ihr interoperabel ist" (ebd.).
Eben in dieser gemeinsamen Erklärung „Die NATO bleibt das Fundament der kollektiven Verteidigung für ihre Verbündeten und ist für die euro-atlantische Sicherheit unverzichtbar" wird erklärt, was der Kern des NATO-EU-Militärgipfels ist : Nur die NATO - also die US-geführten - Streitkräfte werden künftig die europäische Verteidigung übernehmen, das heißt: Es wird keine europäische Armee mehr geben. Für die europäischen Bourgeoisien ist dies das klare Ende der Hoffnungen auf eine ausschließlich europäische Militärunion.
Künftige (wie auch frühere) Erklärungen von Politikern und Zeitungen über den "Aufbau einer europäischen Armee zur Verteidigung der Interessen der Europäer" werden nur noch Rhetorik sein, die Fortsetzung eines hoffnungslosen Gejammers.