„Zu viele Krisen für den Gott Markt. Hatte Marx am Ende doch recht?" - "il Fatto Quotidiano" - 11. August 2023

 

Wir stellen hier einige unserer Gedanken zu dem Artikel vor, der mit den Titel "Zu viele Krisen für den Gott Markt. Hatte Marx am Ende doch recht?" in "il Fatto Quotidiano" vom 11. August 2023 erschienen ist, der nützlich sein kann, um zu verstehen, wie die obersten Wirtschafts- und Finanzführer des Kapitalismus denken.

 

Es ist sehr interessant zu sehen, wie diese "Finanz- und Wirtschaftsgurus", die, wenn alles in der Wirtschaft gut läuft, in ihrer Geschäftswelt als die erhabenen Köpfe gelten, in Verwirrung geraten, wenn unerwartete Krisen auftreten. Krisen, die sie als "erhabene Geister" und Finanz-"Gurus" weder vorhersehen noch vermeiden konnten.

In diesen Momenten, jetzt nicht mehr arrogant, in einer depressiven Phase und mit einer bescheidenen Haltung, beginnen sie zu suchen, zu untersuchen, die Gründe für ihre Unfähigkeit in diesen unvorhersehbaren, tiefgreifenden Ereignissen. ...

Und unglaublich, Marx erscheint ihnen, sie entdecken Marx wieder, der ihnen in ihrem Dilemma helfen kann. Der viel geschmähte und verachtete Marx, der aber das kapitalistische System in all seinen Aspekten, auch in seinen Krisen, so gut und detailliert analysiert hat.         

Ihre Hoffnung ist: Kann uns diese präzise und detaillierte Analyse von Marx helfen, Krisen zu vermeiden, so dass die Kapitalakkumulation ohne Katastrophen vonstatten geht? Und sie beginnen, das "Kapital" zu studieren und zu sich darin zu vertiefen: "Lohn", "Preis", "Profit", "Ausbeutung", "Mehrwert", "Profitrate", "Konkurrenz", "ursprüngliche Akkumulation", "industrieller Profit", "finanzieller Profit", und, ach, da ist sie: die "Krisen"! 

Und hier kommt die schlechte, aber wirklich schlechte Nachricht: Krisen im kapitalistischen System sind "ein integraler Bestandteil des Systems selbst", "unvorhersehbar" und "unvermeidlich".

Das viel gepriesene und gelobte kapitalistische Wirtschaftssystem, das nach ihren Theorien nur Entwicklung und Wachstum bringen kann, ist auch die Ursache für beängstigende Krisen. Aber das ist noch nicht alles; Krisen, die sich in Zyklen unaufhaltsam auf die ganze Welt ausbreiten, bis hin zum totalen Zerfall der Märkte, mit anschließenden gewaltigen Zusammenbrüchen und sozialökonomischen Katastrophen. Und es folgen Kriege zur Eroberung und Aufteilung der Märkte, geführt von konzerngesteuerten Nationen, Staaten und Regierungen. Und dann kommt der finale Knall: das, was von der Realität regelmäßig bestätigt und von der Geschichte systematisch belegt wird. Der depressive Zustand der Gurus schießt dann in die Höhe.

An diesem Punkt des Themas ist es gut zu berichten, was eine der führenden italienischen Zeitungen „il Fatto Quotidiano" vom 11. August 2023 mit der Überschrift Zu viele Krisen für den Gott Markt. Hatte Marx am Ende doch recht?" in ihrem interessanten Kommentar schreibt.

Es ist Mauro Del Corno, der für die Zeitung schreibt: »"Jedes Mal, wenn der Marxismus für tot und begraben erklärt wird, und ich weiß nicht, wie oft das geschehen ist, wird die x-te Welle von Krisen ausgelöst, und die neuen Generationen entdecken den Wert dieser Ideen wieder. Die Widersprüche des Kapitalismus erzeugen wirtschaftliche, soziale, politische und ökologische Krisen, und jede Generation, die unter den harten Folgen leidet, versucht, sie zu verstehen und einen alternativen Weg zu finden", erklärt David Ruccio, emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Notre Dame und Autor des Buches "Marxian Economics", gegenüber Fq Millenium«.

Der Marxismus wird für tot gehalten, aber die Krisen, die das System unaufhaltsam treffen, lassen die Ökonomen die Analyse von Marx wiederentdecken, die für das Verständnis des Kapitalismus unerlässlich ist. Trotz der Versuche, Marx zu diskreditieren und abzutun, muss man sich letztlich an ihn wenden, um den Mechanismus in all seinen Aspekten und Widrigkeiten zu verstehen.    

In dem Artikel heißt es weiter: »Der Wirtschaftswissenschaftler Vladimiro Giacché ist ein Gelehrter der Theorien von Marx, aber seine berufliche Laufbahn war bisher in der Welt der Hochfinanz angesiedelt. Zunächst bei Capitalia und der Banca Profilo an der Seite des Bankiers Matteo Arpe, und jetzt als Forschungsleiter der Banca del Fucino. „Als ich 2009 eine Ausgabe der Schriften von Marx über die Krise veröffentlichte", berichtet er Fq Millennium, "überraschte mich das Interesse von Arpe und Alessandro Profumo [einer der bedeutendsten italienischen Bankiers, Anm.] mit dem ich zusammengearbeitet habe. Aber letztendlich war es eine ungerechtfertigte Überraschung, da die Theorien von Marx eine Analyse der kapitalistischen Wirtschaft darstellen und für jeden nützlich sind, der die Trendlinien, die zugrundeliegenden wirtschaftlichen Tendenzen verstehen will, umso mehr angesichts des schlechten Verständnisses der Wurzeln der Krise durch die Mainstream-Ökonomie, sowohl der neoklassischen als auch der neokeynesianischen. Das Paradoxe ist, dass diese Analyseinstrumente [der Marxismus, Anm. d. Red.] von der Politik völlig vergessen worden sind“«.

Vladimiro Giacchè, Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied der Hochfinanz, war, als er 2009 inmitten der damaligen Finanzkrise die Schriften von Marx veröffentlichte, verblüfft über das Interesse der Top-Banker an diesem Thema. Aber letztendlich sagt er, ist das Interesse an der marxistischen Analyse logisch, da sie das einzig gültige Werkzeug zum Verständnis der „Trendlinien des Systems“ ist, während die anderen „neoklassischen“ und „keynesianischen“ Theorien keine erschöpfenden Erklärungen lieferten, scheiterten in der Interpretation der kapitalistischen Wirtschaft.

Der Artikel wird dann immer interessanter und fährt fort: »Nach dem Fall der Berliner Mauer wanderten die Bücher von Marx aus den Wohnzimmern auf die Dachböden. Seit 2008 ist das Interesse an den Thesen des deutschen Philosophen jedoch wieder erwacht und hat - mit Höhen und Tiefen - nie nachgelassen. "Politiker, die versuchen, das Chaos zu verstehen, das auf 

Finanzpaniken, Proteste und andere Malaisen folgt, die die Welt heimsuchen, täten gut daran, einen Ökonomen zu studieren, der schon vor langer Zeit gestorben ist: Karl Marx", sagte George Mangnus, ein einflussreicher Wirtschaftsberater des Schweizer Bankenriesen Ubs, vor nicht allzu langer Zeit. Ungeahnte Zeitschriften, darunter der Economist, haben diesen Theorien, die vor allem jüngere Menschen anzusprechen scheinen, ausführliche Artikel gewidmet. Kürzlich setzte „der Spiegel“ Marx auf seine Titelseite und fragte: „Hatte Marx doch recht?"«.

Das gesamte europäische Finanzbürgertum entdeckt in Krisenzeiten die Nützlichkeit der Theorien von Marx wieder. Für junge Menschen, die in die Zukunft blicken und verstehen wollen, wird die marxistische Analyse noch attraktiver, noch interessanter. 

Der Autor des Artikels, Mauro Del Corno, berichtet weiter, dass in Großbritannien Königin Elisabeth die Wirtschaftsanalysten gefragt haben soll: »„Warum haben Sie die Krise nicht vorhergesehen? Und zwar nicht nur irgendeine Krise, sondern die größte seit dem Crash von '29". Die Wirtschaftswissenschaftler waren nicht in der Lage zu antworten. Sie konnten einfachnicht antworten, weil diese Krise ihren Büchern zufolge nicht hätte stattfinden dürfen. Viele dachten und denken immer noch, dass die Welt und nicht ihre Theorien falsch sind. Einige andere haben jedoch begonnen, die Gültigkeit der vorherrschenden Wirtschaftstheorien in Frage zu stellen. Und die Bücher derjenigen zu lesen, die diese Krisen vorausgesagt und gut beschrieben haben, darunter Karl Marx. In seiner Vision ist der Kapitalismus aufgrund seiner inneren Widersprüche unweigerlich dazu bestimmt, immer größere Krisen hervorzurufen. Dies führt unweigerlich zur endgültigen Implosion. Es besteht keine Hoffnung, dass der Markt sich selbst reguliert, er hat einfach nicht die Fähigkeit dazu. Auch die Unterstützung von außen hier und da reicht nicht aus, eine Überzeugung, die den Theorien des englischen Ökonomen John Maynard Keynes zugrunde liegt«.

Der Kommentar von Mauro Del Corno zur Frage der Königin ist korrekt und ernst gemeint: „Sie waren einfach nicht in der Lage zu antworten, weil diese Krise nach ihren Büchern nicht hätte stattfinden dürfen".  Außerdem müsse die Erklärung bei denen gesucht werden, die „diese Krisen sehr gut vorhergesagt und beschrieben haben, darunter Karl Marx". Der „Kapitalismus ist in seiner Vision unausweichlich dazu bestimmt, aufgrund seiner inneren Widersprüche Krisen in immer größerem Ausmaß zu erzeugen. So kommt es zur unausweichlichen endgültigen Implosion. Keine Hoffnung, dass der Markt sich selbst regulieren wird, er hat einfach nicht die Fähigkeit dazu“.  Korrekt, Mauro Del Corno.  Bravo!

Interessant ist dann das Zitat: „Viele haben gedacht und denken weiterhin, dass die Welt und nicht ihre Theorien falsch sind". Diese Aussage hört man oft von Professoren aus der Finanzwelt, die fanatische Verfechter des Kapitalismus sind, und sie ist in ihrer Dummheit wirklich verblüffend. Eine Arroganz im Sinne: "Ich habe Recht, die Realität ist falsch!". Mit anderen Worten, es ist, als würde ein Wissenschaftler in einem Labor, dessen Experiment immer wieder fehlschlägt, sagen: "Ich habe Recht, es sind die Elemente, die falsch sind!". Verrückte kapitalistische Dummheit.

Eine weitere "kapitalistische Dummheit" muss ebenfalls berichtet werden. Marx wird als "Philosoph" bezeichnet. Marx war nicht nur ein "Philosoph", er ist ein Revolutionär!  Ein äußerst aktiver praktisch-theoretischer Revolutionär, der sein ganzes Leben dem revolutionären Kampf gewidmet 

hat. Der aus revolutionärer Notwendigkeit zusammen mit Engels wesentlich tiefer in ökonomische, philosophische und soziale Fragen einsteigen musste, um die praktische Notwendigkeit des kommunistischen Kampfes in der Realität aufzuzeigen. All dies zeigt deutlich, das die Menschheit auf eine höhere Gesellschaft ausgerichtet ist und diese braucht, um den umstrittenen Kapitalismus zu überwinden.

Um zum Schluss zu kommen. Wir Marxisten brauchen die Analysen von Marx nicht, um herauszufinden, wie man mehr Geld anhäufen kann, wie man unnötig reicher wird, wie es die Banker und Analysten der Hochfinanz tun. Ganz und gar nicht.

Das System, das „aufgrund seiner inneren Widersprüche unausweichlich dazu bestimmt ist, Krisen von immer größerem Ausmaß zu erzeugen", versetzt nicht nur die Akteure der Finanzwelt in "Panik", sondern erzeugt auch katastrophale Situationen für die Massen. Und die Tatsache, dass dies bis zur unvermeidlichen endgültigen Implosion so bleiben wird. Keine Hoffnung, dass der Markt sich selbst reguliert, er hat einfach nicht die Fähigkeit dazu", bestätigt, dass der revolutionäre Kampf, den Marx begonnen hat und den wir mit Beharrlichkeit und Zuversicht führen, gerecht und notwendig ist, dass die Menschheit eine bessere Gesellschaft braucht.                                                           

                                                                                                    Claudio Piccoli

 

 


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